Die Bücherphasen

Jetzt wird aufgeräumt!
Was sich über Jahrzehnte in unseren Regalen und Schubladen,
in Kellern und Abseiten angesammelt hat, soll endlich weg.
Doch mit vielem verbinden sich Erinnerungen.
Die wollen wir natürlich nicht wegwerfen.
Die Bilderserie Aufräumen dokumentiert diese Erinnerungen
als Geschichten mitten aus dem Leben.

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Die Bücherphasen

Von Ulrike Spitz

Im Oktober 2021 bin ich umgezogen. Genau genommen war es mein Umzug, der Lutz auf die Idee für die „Aufräumen“- Serie gebracht hat.  Ich habe nämlich, wie man das so macht bei einem Umzug, ziemlich ausgemistet. Unter anderem bin ich eine begnadete Büchersammlerin. Ich lese in der Tat sehr viel – und viele Bücher, die ich richtig gut finde, zwei- gerne auch dreimal (als Kind noch viel öfter, ich konnte ganze Kapitel vom „Doppelten Lottchen“ und „Pippi Langstrumpf“ auswendig aufsagen). Deshalb ist das bei jedem Umzug – und ich bin schon oft umgezogen – ein Riesenthema: Es muss weniger werden (weil ja auch immer wieder neue dazu kommen). Aber auf welche Bücher verzichten? Man könnte ja vielleicht doch noch mal reinschauen wollen …

Es gab, neben zahlreicher undiskutierbar nie wegzugebender Bücher, auch immer mal so Phasen:  Die Phase der Frauen-Literatur, die Phase der Märchen (ja, der Märchen, durchaus noch im Erwachsenen-Alter, Märchen sind nicht uninteressant zu analysieren), die Phase der Krimis, die Phase der Reise-Literatur, die Phase der Bildbände (das war eigentlich keine richtige Phase, die meisten Bildbände hatten sich in den letzten Jahrzehnten irgendwie in meinen Bücherregalen eingenistet, mal als Geschenk, mal als Dank für irgendeinen ehrenamtlichen Auftritt u.ä.) und bestimmt auch noch weitere Phasen.

Dieses Mal war ich für meine Verhältnisse recht resolut: Alles, was keine Chance mehr besaß, wirklich noch mal gelesen zu werden, musste raus. Na ja, fast alles. Manche Werke, z.B.  „Die Töchter Egalias“ und ein paar andere aus der Frauen-Literatur-Phase, die „Sagen, Märchen, Legenden und Aberglaube aus Südbaden“ (meiner Heimat) und ein paar andere aus der Märchen-Zeit, einige Reisereportagen von wo auch immer und ähnliches fanden dann doch wieder Gnade, mal aus Sentimentalität, mal aus dem „Das-kann-ich-jetzt-nicht-wirklich-weggeben“-Grund.

Aber von vielen Büchern, ich denke mal, so 30 bis 40 Prozent (von jetzt grob überschlagen zwischen 700 und 800 übrig gebliebenen) habe ich mich doch getrennt. Und so stand ich damit wieder einmal vor der Frage: Wo sollen sie denn jetzt hin, die irgendwann so lieb gewesenen Begleiter? Ins Altpapier? Nein. Höchstens die komplett zerfledderten, aber das waren ganz wenige. Und all die anderen? Weitergeben! Das war dann vor dem Umzug meine Hauptarbeit. Einzelne gingen an Freunde, von denen ich wusste, dass das passt. Zwei große Kartons gingen an Momox, weitere an Oxfam als Spende. Und eine ganze Menge habe ich, noch bei besserem Wetter im vergangenen Sommer und Herbst, während vieler größerer oder kleinerer Fahrrad-Touren auf die Bücherschränke im Rhein-Main-Gebiet verteilt.

Nun stehen immer noch zwei voll Umzugs-Kartons, vor allem Krimis, im Keller und warten im besten Sinne des Wortes auf besseres Wetter. Denn 2022 geht’s mit den Fahrrad-Touren weiter; immer drei, vier Bücher in den Rucksack, und die Bücherschränke in der Gegend werden nach und nach weiter gefüllt.  Ob ich all die verbliebenen noch mal lese? Mal sehen. Die „Töchter Egalias“, die „Sagen …“ und viele andere dürfen dennoch bleiben.

Ulrike Spitz, geboren 1956 in Donaueschingen, war aktive Leistungssportlerin (Skilanglauf).

Von 1981 bis 1993 war sie Redakteurin der Badischen Zeitung in Freiburg (Ressort Sport), danach bis 2007 bei der Frankfurter Rundschau (ab 2002 Ressortleiterin).

Bis 2010 arbeitete sie als Leiterin Kommunikation für die Nationale Antidopingagentur (Nada) und ab 2015 bis 2021 als Pressesprecherin und Leiterin Öffentlichkeitsarbeit beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Sie lebt in Offenbach.

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Über „Aufräumen“

 

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