Zum Schrecken des Katers

Jetzt wird aufgeräumt!
Was sich über Jahrzehnte in unseren Regalen und Schubladen,
in Kellern und Abseiten angesammelt hat, soll endlich weg.
Doch mit vielem verbinden sich Erinnerungen.
Die wollen wir natürlich nicht wegwerfen.
Die Bilderserie Aufräumen dokumentiert diese Erinnerungen
als Geschichten mitten aus dem Leben.

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Zum Schrecken des Katers

Von Lutz Büge

Die Spur N erfreut sich bei Modelleisenbahner:innen nicht derselben Beliebtheit wie die H-Null, aber mir hat sie gefallen. In unserem Keller in Freiburg hatte ich eine ausladende Anlage geplant, zu deren Verwirklichung es jedoch nicht kam. Das ging zu sehr ins Geld. Ich hätte kleiner planen können, aber das fand ich irgendwie langweilig damals; die Rede ist von den 1990er Jahren.

Die Triebwagen, die auf diesem Foto so riesig wirken, sind in Wirklichkeit nur 2,3 Zentimeter hoch (von der Unterkante der Räder gemessen), einer ist gerade mal acht Zentimeter lang. Die sind also wirklich mini, richtig niedlich. In Triebwagen – natürlich von realer Größe – sind wir Fahrschüler noch gelegentlich in den 1970er Jahren nach Eutin zur Schule gewackelt. Im Winter war es kalt und zugig darin, obwohl von Zug keine Rede sein konnte. „Schienenbus“ nannte sich das Konzept. Das war schon damals ein Oldtimer des Bahnverkehrs, aber man muss diese ruckeligen Vehikel einfach mögen; es geht nicht anders. Inzwischen haben die Konstrukteure dieses Konzept wiederbelebt.

Noch in den 1990er Jahren wurde meine Modelleisenbahn in Kartons eingelagert – mehrere Loks, zwei Dutzend Waggons samt Gebäuden. Wie gesagt: Interesse verloren. In den 2000er Jahren habe ich dann mal ein Teilstück in unserer Wohnung in Frankfurt aufgebaut, mit dem erklärten Ziel, unseren Kater Anton zu erschrecken, was anfangs auch gut funktioniert hat. Später jedoch hat sich die Hoheit das Spektakel nur noch desinteressiert aus der Ferne angesehen und ist dabei eingeschlafen.

Ich weiß nicht mal, ob die Loks überhaupt noch funktionieren. Das dürfte nach 25 Jahren im Ruhezustand wohl eher zweifelhaft sein. Und trotzdem kann ich mich nicht von ihnen trennen. Also dann: Zurück in die Kartons mit Euch und ab in die Ecke auf dem Schrank.

Lutz Büge, geboren 1964 in Eutin, hat in Freiburg bei der Badischen Zeitung als Redaktionsbote und bei der Zeitung zum Sonntag unter dem Pseudonym Bronski als Gastronomiekritiker gearbeitet. 2001 begann er als freier Mitarbeiter bei der Frankfurter Rundschau, etablierte sich in der Leserkommunikation, leitet seit 2005 das FR-Blog, übernahm 2007 die Leserbriefseite und wurde 2016 Redakteur dieser Zeitung. Vor allem aber ist er als Autor aktiv. Seit 1996 hat er 15 Romane veröffentlicht, zuletzt die fünf Romane des Virenkrieg-Zyklus im Ybersinn-Verlag. Mehr zur Person: HIER.

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Virenkrieg – Romanzyklus von Lutz Büge

 

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