Das Heim von Cindy & Gert

Jetzt wird aufgeräumt!
Was sich über Jahrzehnte in unseren Regalen und Schubladen,
in Kellern und Abseiten angesammelt hat, soll endlich weg.
Doch mit vielem verbinden sich Erinnerungen.
Die wollen wir natürlich nicht wegwerfen.
Die Bilderserie Aufräumen dokumentiert diese Erinnerungen
als Geschichten mitten aus dem Leben.

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Das Heim von Cindy & Gert

Von Lutz Büge

Das ist Henriette, eine Oktopüsdame, die leider ganz allein in einem Aquarium bei mir im eineinhalbten Stock leben muss. Zum Glück ist das Aquarium aber nicht mit Wasser gefüllt. Sonst wäre sie wohl längst ertrunken. Sie selbst stammt aus einer Zeit, als ich mich noch in Plüschtiere vergucken konnte. Das Aquarium hingegen steht in einer Familientradition. Ich bin mit Aquarien aufgewachsen. Schon mit sechs Jahren hatte ich selbst eines. Es stand in der Diele unserer Wohnung in Eutin, und darin lebten zwei Goldfische, die Max und Moritz hießen. Ich weiß nicht, ob diese Namen ihren Geschlechtern wirklich gerecht geworden sind, aber solche Tiere brauchen nun mal Namen, wenn man Kind ist, oder nicht? So wie Henriette, die einsame Oktopüsdame.

Der Inhalt des Aquariums, in dem damals, um das Jahr 1970 herum, Max und Moritz lebten, hätte sechsmal in dieses oben abgebildete Aquarium gepasst. Darin sind jedoch keine Goldfische geschwommen, sondern die Doktorfische Cindy & Gert, die für diese Webseite, Ybersinn.de, als Orakelfische gearbeitet haben. Tropische Korallenfische. Man sieht an den Scheiben des Aquariums noch die Krusten von den Kalkrotalgen, die damals üppig in diesem Becken wuchsen – ein Zeichen dafür, dass die Biochemie darin gestimmt hat. Doch dann gab es einen Stromausfall, während ich im Urlaub war, und das Aquarium war für fast zwei Tage ohne Belüftung und ohne Strömung. Das war der Todesstoß: Im Meerwasseraquarium muss dauernd Bewegung sein, die Sättigung des Wassers mit Sauerstoff muss optimal sein. Ich fand das Aquarium nach der Rückkehr als  müffelnde Brühe vor. Darin lebte kaum noch was.

Nach vielen Jahren, in denen ich stets ein Aquarium hatte, habe ich nun Abschied von der Aquaristik genommen. Bisher konnte ich mich allerdings noch nicht dazu entscheiden, das Aquarium (und noch ein zweites, kleineres) zu entsorgen. Wenn jemand es haben möchte, und zwar mitsamt Technik, dann möge sie oder er sich gern melden: ⇒ HIER.

Lutz Büge, geboren 1964 in Eutin, hat in Freiburg bei der Badischen Zeitung als Redaktionsbote und bei der Zeitung zum Sonntag unter dem Pseudonym Bronski als Gastronomiekritiker gearbeitet. 2001 begann er als freier Mitarbeiter bei der Frankfurter Rundschau, etablierte sich in der Leserkommunikation, leitet seit 2005 das FR-Blog, übernahm 2007 die Leserbriefseite und wurde 2016 Redakteur dieser Zeitung. Vor allem aber ist er als Autor aktiv. Seit 1996 hat er 15 Romane veröffentlicht, zuletzt die fünf Romane des Virenkrieg-Zyklus im Ybersinn-Verlag. Mehr zur Person: HIER.

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