Ein bisschen Belzoni kann nicht schaden

Osirispunkt großHeute vor 200 Jahren begab es sich am Westufer des Nils bei Luxor, dass ein verwegener Mann das Tor zur alten Welt weit aufstieß. Dieser Mann hieß Giovanni Battista Belzoni und war ein Abenteurer und Grabräuber. So muss man ihn aus heutiger Perspektive wohl nennen, denn er sammelte ein, was er an Artefakten bekommen konnte, und plünderte auch Gräber. Belzoni war aber ebenso ein Pionier. Ohne ihn und seine Entdeckungen ist die heutige Ägyptologie nicht denkbar. Heute vor 200 Jahren erreichte er den Zenit seiner Laufbahn, als er im Tal der Könige in das Grab eines Pharaos vorstieß, dessen Namen man damals noch nicht kannte; die Hieroglyphen waren noch nicht dechiffriert. Inzwischen wissen wir, dass es sich um das Grab von Sethos I. handelte, einem der mächtigsten Herrscher des alten Ägypten, heimliche Hauptfigur der Romane Der Osiris-Punkt und Der hölzerne Pharao. Aus diesem besonderen Anlass gab Serafina Belzoni*, eine Nachfahrin des Pioniers, Ybersinn.de ein Interview.

*Serafina Belzoni ist eine Romanfigur. Sie kann keine Interviews geben.

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Ein bisschen Belzoni kann nicht schaden

Ybersinn.de: Serafina, bist du es leid, dauernd über deinen berühmten Ahnen befragt zu werden?

Serafina Belzoni: Dauernd? Ich finde, es wird viel zu wenig über ihn geredet. Alle halten ihn für einen Heroen der Wissenschaft. So hat er sich selbst stilisiert. In Wirklichkeit war er ein Rabauke, der einfach noch skrupelloser war als sein Gegenspieler Bernardino Drovetti.

Ist diese Sicht nicht zu kritisch? Die Archäologie steckte damals noch in den Kinderschuhen. Kann man Belzoni wirklich vorwerfen, dass er hemdsärmelig zu Werk ging?

Genau das ist der Punkt: Man muss Erscheinungen wie Belzoni aus ihrer Zeit heraus verstehen. Damals gab es noch etwas zu entdecken. Belzoni betrat Neuland. Die Regeln, die heute Standard in der Archäologie sind, existierten noch nicht. Man wusste wenig über das alte Ägypten. Man kann Belzoni also tatsächlich kaum vorwerfen, dass er da durch sensible Fund-Situationen einfach so durchtrampelte oder Wachsabgüsse von den empfindlichen Fresken im Sethos-Grab nahm.

Sethos Kopf der MumieWas ist es also, was du ihm vorwirfst?

Gar nichts. Wahrscheinlich musste man ganz einfach ein Draufgänger sein, um sich unter den Verhältnissen durchzusetzen, wie sie damals in Ägypten herrschten. Aber denen, die Belzoni verklären, werfe ich vor, dass sie nicht den ganzen Belzoni sehen. Der Mann hatte seine Schattenseiten, und die sollte man nicht ignorieren.

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Der Kopf der Mumie von Pharao Sethos I.,
der Ägypten zwischen 1290 und 1279 v.C. regierte.
Belzoni entdeckte sein Grab im Tal der Könige.
Foto aus dem Jahr 1889 via Wikicommons.

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Was ist das Besondere an seiner Entdeckung des Sethos-Grabes heute vor 200 Jahren?

Er entdeckte einen Kunstschatz allererster Güte, ein riesiges Königsgrab mit wunderschönen Wandmalereien. Es hat zehn Kammern und misst in der Länge ohne Korridor K fast 140 Meter – eine unerhörte Leistung der Menschen vor 3300 Jahren. Belzoni hat damit das Tor zur Begegnung mit dieser alten Welt weit aufgestoßen. Seine Entdeckung hat den gleichen Rang wie die des Grabes von Tut-ench-Amun durch Howard Carter im Jahr 1922.

Obwohl Belzoni keine goldene Totenmaske fand wie Carter und obwohl das Grab so gut wie leer war?

Der Rang einer Entdeckung bemisst sich nicht in Gold. Auch ein leeres Königsgrab erzählt eine Geschichte. Stell dir vor, du als erster Mensch seit Jahrtausenden betrittst dieses Grab einer völlig fremden Kultur. Du weißt nicht, dass ihre Könige Pharaonen genannt wurden, und von deren kompliziertem Totenkult hast du erst recht keine Ahnung. Aber du trittst ein in diese Unterwelt im Grab und begegnest all diesen herrlichen Malereien, den unverständlichen Zeichen an den Wänden, dieser Fülle an Farben. Du verstehst überhaupt nichts, aber du bist überwältigt und völlig überfordert zugleich. Noch heute stehen Menschen staunend vor diesen Kunstwerken.

Ist es wahr, dass Belzoni mit seiner Frau eine Weile im Sethos-Grab wohnte, nachdem er es entdeckt hatte?

Ja, das ist wahr.  Es gab damals leider noch nicht die Hoteldichte, wie wir sie heute in Luxor haben. Die beiden haben da drin das eine oder andere hübsche Feuerchen angezündet, während sie ihre Entdeckung bewachten. Das war mit Sicherheit nicht gut für die alten Malereien. Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass sie es kuschelig hatten in dem Grab.

Spricht da die Erfahrung?

An das, worauf du da anspielst, möchte ich nicht denken.

Man könnte sagen, dass du das Grab wiederentdeckt hast. Du bist weiter vorgestoßen als dein Vorfahr. 

Sethos Grab Autor RFMorganUnter schwierigsten Bedingungen. Und das will was heißen, denn schon 1817, als Belzoni mehr als 200 Meter tief in das Grab vorstieß, waren die Bedingungen nicht einfach. Bis zur Grabkammer am Ende des gut ausgebauten Teils des Grabes geht es noch, aber dort beginnt Korridor K, wie er meistens genannt wird, und der hat es in sich.

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Schematische Zeichnung
des Grabes King Valley No. 17,
das nach dem Tod des Pharaos
im Jahr 1279 v.C. dessen Mumie aufnahm.
Am 19.10.1817 stieß der Entdecker
und Ägypten-Pionier Belzoni
tief in dieses Grab vor.
Autor der Zeichnung:
R.F. Morgan via Wikicommons

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Warum?

Er ist eng, führt recht steil in die Tiefe, und Wände und Decke sind ziemlich bröckelig. Außerdem hat im 13. Jahrhundert vor unser Zeitrechnung, als man den Korridor in den Fels schlug, niemand daran gedacht, eine Lüftung zu installieren, geschweige denn eine Klimaanlage. Es ist also heiß da unten, und du kriegst kaum Luft. Licht gibt es auch nicht, es sei denn du bringst selbst welches mit. Für Klaustrophobiker  ist ein Besuch dort unten wirklich nicht zu empfehlen. Und wenn dir dann noch ein schießwütiger Grabräuber im Nacken sitzt, der mit einer Handgranate droht…

Dein Vorfahr drang 90 Meter tief in diesen Korridor vor. Und du?

Bis an sein Ende. Ich hätte damals nicht gedacht, dass wir es lebend da wieder raus schaffen.

Was hast du dort gefunden?

Etwas, was es nur im Roman gibt. (Sie lacht.) Das erfährst du alles in Der Osiris-Punkt. Mir liegt aber daran festzuhalten, dass das nicht meine Entdeckung allein war. Ohne Theo Magenheim wären wir nie auf die Idee gekommen, in den Korridor einzusteigen. Theo war damals noch ein Luftikus, ein Rabauke des 21. Jahrhunderts. Er war Belzoni vom Wesen her gar nicht so unähnlich, finde ich, aber das würde er wohl bestreiten. Außerdem war Mohammed al-Rassul bei uns, der Sohn des Scheichs einer Grabräubersippe.

Das klingt alles mehr nach „Indiana Jones“ als nach seriöser Achäologie.

Der Wettlauf zwischen Belzoni und seinem Widersacher Drovetti war tatsächlich eine der Vorlagen für die Indiana-Jones-Filme von Steven Spielberg und George Lucas. Im ersten dieser Filme gibt es eine Figur namens René Belloq, die Drovetti wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Ein Fiesling erster Güte.

Ich meinte eigentlich eure Geschichte von der Entdeckung im Sethos-Grab.

Das war wirklich abenteuerlich und hat mit der realen Arbeit von Archäologen nichts zu tun. Die wäre vielleicht eher mit feinteiliger Detektivarbeit zu vergleichen. Du hast winzigste Spuren und versuchst, daraus ein Gesamtbild zu ermitteln. So war unser Korridor-K-Stunt wirklich nicht. (Lacht.)

Steckt da vielleicht doch ein bisschen Belzoni in dir?

Wer weiß? Ein bisschen Belzoni kann nie schaden. Auf die Dosis kommt es an. Der Name stimmt jedenfalls schon mal.

Das Interview führte Lutz Büge für Ybersinn.de.

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Osirispunkt großDie mächtigen, beleuchteten Kolonnaden des Sethos-Tempels schienen nur einen Steinwurf weit entfernt. Mitten aus dem Ort erhob sich das alte Bauwerk, doch es war früher hier gewesen als jedes Haus in Abydos, früher als Islam und Christentum, und entsprechend selbstbewusst und schweigend ragte es aus damaliger Zeit in die Gegenwart hinein.

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Theo Magenheim, ein Studienabbrecher, stolpert in Ägypten in eine Geschichte hinein, die gefährlich für ihn werden wird. Nachdem schon viel in seinem Leben schiefgegangen ist, versucht der junge Mann nun sein Glück als Reiseleiter, unter anderem in Abydos, dem einstigen Kultzentrum des Gottes Osiris. Er wird Zeuge, als in einem Gelass hinter dem Sethos-Tempel eine altägyptische Papyrus-Rolle gefunden wird. Sie könnte der Schlüssel zu einer bedeutenden Entdeckung sein. Allerdings haben derzeit in Ägypten Islamisten das Sagen. Sie versuchen, das Land zur Islamischen Republik umzubauen, doch sie sind zerstritten. Unter ihnen gibt es Kräfte, die dem Gold der Pharaonen sehr zugeneigt sind. Als sie von dem Fund beim Sethos-Tempel hören, gerät Abydos in ihren Fokus. Doch auch die Carnavaughns, eine alte englische Adelssippe, haben ein Auge auf die Entdeckung geworfen. Ein Kreis schließt sich, der fast 200 Jahre archäologischer Forschung in Ägypten umfasst …

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Der Osiris-Punkt. Lutz Büge. Ca. 624 Seiten.
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