Der „Kampf der Kulturen“ von Samuel P. Huntington

Virenkrieg

Roman-Zyklus von Lutz Büge

Incubus – Virenkrieg III

Biowaffen, Geheimorganisationen
und einsame Entscheidungen –
die Menschheit am Rand ihrer Auslöschung.

„Willkommen in einer Welt, in der es keine saubere Trennung
mehr gibt zwischen Gut und Böse, richtig und falsch.“

Frankfurter Rundschau

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Der „Kampf der Kulturen“ von Samuel P. Huntington

Eines der einflussreichsten Bücher unserer Zeit ist zweifellos „Clash of Civilizations“ von Samuel P. Huntington, der ab 1973 Professor für Politikwissenschaften in Harvard (Massachusetts) war. Der deutsche Titel des Buches, „Kampf der Kulturen“, ist eine unzureichende, unnötig zuspitzende Übersetzung. Zutreffender wäre „Zusammenprall der Kulturkreise“, was aber natürlich nicht so griffig ist. Das Buch erschien 1996 und wird seitdem kontrovers diskutiert. Es ist einerseits geprägt von dem Willen zum ganz großen Überblick, zur globalen Perspektive, und lässt dabei andererseits Faktoren außer Acht, von denen man sagen könnte: Der Teufel steckt im Detail.

Virenkrieg-Autor Lutz Büge
schreibt auf Ybersinn.de über
die Hintergründe seines Romanzyklus.

Aber damit sind wir schon bei der Kritik. Über Huntingtons Werk ist viel geschrieben worden. Auch ich habe vor längerem eine Rezension beigesteuert, im Jahr 2014 kurz nach dem Erscheinen von Virenkrieg – Erstes Buch als Ebook. Jetzt, da ich meinen Romanzyklus‘ abgeschlossen habe, hat sich mein Blick auf das Werk nicht verändert.

Ich würdige die große Perspektive, den unbedingten Willen zum Überblick. Es ist keine Kleinigkeit, aus Alltäglichem eine solche Theorie herauszudestillieren. Huntington beschreibt die Existenz mehrerer Kulturkreise, die miteinander um Einfluss ringen und einander in der Regel nicht freundlich gesonnen sein können, weil die anderen Kulturkreise im Ringen um Einfluss als Gegner wahrgenommen werden (müssen?). Er skizziert zutreffend die Aufteilung unserer Welt in Kulturkreise mit „Kernstaaten“, die stilbildend wirken, Identität stiften und vorangehen. Im Westen gibt es die „Kernstaaten“ USA, Deutschland und mit Abstrichen Großbritannien und Frankreich. Statt „Kernstaaten“ könnte man auch Hegemonialstaaten sagen, da es auch um Vorherrschaft geht, aber da wären wir schon bei der Politik, während es doch zunächst um den Kulturkreis geht, um die Stiftung von Identität, die Menschen an einen Kulturkreis bindet. Dazu dient laut Huntington in nicht unbeträchtlichem Ausmaß auch die Religion.

Huntington stellt ganz richtig fest, dass der islamische Kulturkreis seines „Kernstaats“ am Ende des Ersten Weltkriegs verlustig gegangen ist, als das Osmanische Reich zusammenbrach. Seitdem driftet dieser Kulturkreis führungslos durch die Geschichte. Ägypten als bevölkerungsreichstes Land der arabischen Welt könnte dieses Vakuum auffüllen, ist aber zu sehr mit eigenen Problemen beschäftigt. Saudi-Arabien hat ein Glaubwürdigkeitsproblem in der islamischen Welt, weil es einer der engsten Verbündeten der USA ist, und fällt daher als Identitätsstifter aus, ebenso wie der schiitische Iran, dessen politische Strategien sich in erster Linie gegen sunnitische Muslime richten. In letzter Zeit hat der türkische Präsident Tayyik Recep Erdogan versucht, die Türkei als „Kernstaat“ des Islam in der Nachfolge des Osmanischen Reichs zu installieren und eine Führungsrolle in der islamischen Welt zu übernehmen, aber zunehmende innere Krisen, unter anderem ausgelöst durch Erdogans Hang zum Absolutismus, berauben den Präsidenten seiner Handlungsfähigkeit.

Es ist durchaus aufschlussreich, Huntingtons Thesen zu lesen. Geht man kritisch da ran, wird eines recht schnell klar: Huntington singt nicht die Internationale.

Bei Huntington steht das im Vordergrund, was man frei nach John F. Kennedy als „das Trennende“ bezeichnen könnte – also das, was Völker und Kulturkreise brauchen, um sich klarzumachen, was sie von den anderen unterscheidet. Das Verbindende hingegen spielt bei Huntington praktisch keine Rolle. Er hat eine statische Sicht auf die Kulturkreise und scheint nicht viel von Völkerverständigung zu halten. Die Vereinten Nationen spielen in seinem „Clash of Civilizations“ kaum eine Rolle. Für ihn sind kulturelle Identitäten und kulturelle Unterschiede prägende Kräfte der internationalen Politik. Wirtschaftliche Faktoren, über die heutzutage vor allem Einfluss ausgeübt wird, kommen in seinem Werk hingegen kaum vor. Wie diese wirtschaftlichen Faktoren in machtpolitischem Sinn eingesetzt werden, das zeigt ganz aktuell vor allem China mit seinem Projekt der neuen Seidenstraße, das Huntingtons Theorie glatt über den Haufen wirft.

Man muss „Clash of Civilizations“ aus seiner Zeit heraus verstehen. Das Buch kam heraus, kurz bevor die →* Neocons in den USA die Macht übernahmen und diente dieser Politikergeneration als Fibel zur Welterklärung, als ideologische Unterfütterung ihrer Sicht auf die Welt, wie sie sie sahen. Diese Politiker hielten sich strikt an ihren Huntington. Er hatte gesagt, dass die USA ein „Kernstaat“ des Westens seien. George W. Bush nahm dies gern auf, ging voran und formte mit den USA an der Spitze eine „Koalition der Willigen“, um gegen den Irak zu marschieren. Dass daran auch Streitkräfte anderer Kulturkreise teilnahmen, hat ihn natürlich nicht gestört. Beide, Huntington wie Bush, hätten bestritten, dass dies die Theorie von den gegeneinander agierenden Kulturkreisen widerlegt.

→* Unklare Begriffe kannst Du
im Virexikon nachschlagen.

Diese statische Sicht ist heute eines der größten Hindernisse für die Weiterentwicklung der Welt. Stichwort Klimawandel: Wenn Kulturkreise nur ihr eigenes Wohl im Blick haben, müssen sie außerstande sein, das globale Wohl zu erkennen. Das Verhalten der USA, die unter Donald Trump aus dem Pariser Klimaabkommen ausgetreten sind, folgt demnach strikt Huntingtons Ideen.

In meinem Virenkrieg-Zyklus versuche ich etwas anderes. Dort ist das Denken in Kulturkreise à la Huntington zwar eine Art common sense, doch dann geschieht zweierlei, was diese starre Sicht auf die Welt ad absurdum führt: In der islamischen Welt schwingt sich ein politischer Führer, der jordanische König Abdallah, zum Reformator des Islam auf, und im Westen tritt ein Kandidat in den Präsidentschaftswahlkampf ein, der nicht nur John F. Kennedys Thesen, wie er sie 1963 in seiner Rede vor der Amerikanischen Universität in Washington formulierte, verinnertlicht hat, sondern der auch persönlich mit Kennedy verwandt ist.

Was passiert, wenn zwei solche Führungspersönlichkeiten plötzlich das Verbindende in den Vordergrund stellen, nicht länger das Trennende? Was ist die Theorie der Kulturkreise dann noch wert?

Nächsten Dienstag: Der „war on terror“ – Woher kommt Islamismus?

Das Virenkrieg-Finale – Eine Übersicht

 

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